In Deutschland hat sich eine „Fightclub“-Kultur gebildet. An gesellschaftlich schon länger bekannten Gelegenheiten ziehen sie los. Sie, das sind frustrierte. Entweder, weil das Bier vom Hartz IV doch nicht alle Sorgen ersäuft, weil die Heimmannschaft verloren hat, oder weil sie in ihrem Beruf als Berater, Rechtsanwalt oder Gruppenleiter in der Bank nicht ausgelastet sind.
Alles, was man braucht, sind ein paar Klamotten, die einem auf den zu erwartenden Pressebildern nicht identifizierbar machen (man denke sich das Getuschel auf dem Rang, wenn sich herausstellt, dass die hochbezahlte externe Ressource sich gar nicht beim Anbau die Steine auf den Fuß fallen lassen hat, sondern dass der schnieke Berater mit dem Feilchen in Wahrheit beim „Bullenklatschen“ war).
Und so bildet sich langsam eine seltsame Koalition aus Politik, Presse, Polizei und Hobbyprüglern.
Die Presse kann vor Veranstaltungen schreiben „Ausschreitungen befürchtet“. Hans Meyer und Anne Müller regen sich auf. Die Presse kann während der Veranstaltungen Bilder von Prügeleien zeigen. Hans Meyer und Anne Müller finden das schrecklich, geben Presse und Prüglern aber die Aufmerksamkeit, die sie so dringend brauchen. Nach der Veranstaltung kann die Presse entrüstet die „Schicksale“ vermarkten. Hans Meyer und Anne Müller denken sich „da muss es doch ein Gesetz gegen geben!“. Gibt’s schon, aber ein, zwei mehr können ja nicht schaden.
Die Politik kann vor Veranstaltungen Verbote von Demonstrationen etc. fordern. Hilft zwar am Problem nichts (dann haut man sich entweder woanders oder (sic!) illegal ein auf’s Maul), aber die Politik steht da als hätte sie was getan. Am Tag der Veranstaltungen kann man dann alles wahlweise „den Linken“ oder „den Rechten“ in die Schuhe schieben. Weil selbst Anne Müller und Hans Meyer merken, dass die Prügeltouristen nicht so homogen und über einen Kamm zu scheren sind, wird „die Linken“ und „die Rechten“ in letzter Zeit durch „der autonome schwarze Block“ (in Bezug auf Demonstrationen) ersetzt. Hat den Vorteil, dass man das verfassungsrechtlich geschützte Versammlungsrecht mit dieser Argumentation einschränkt (was zwar das Bundesverfassungsgericht anders sieht, aber die Verfassungsklagen sind regelmäßig erst nach der Demonstration entschieden, Repressalien gegen Grundrechtsverletzer gibt es in Deutschland nicht). So lässt sich jede unerwünschte Demonstration im Vorfeld diskreditieren. Ingesamt kann man dann ganz viele Dateien einrichten, wie die „Sporttäterdatei“, die „Linkendatei“, die „Rechtendatei“. Der Schritt bis zur „Bürderdatei“ ist nicht mehr weit und wird aus meiner Sicht innerhalb der nächsten drei bis fünf Jahre gemacht.
Bei der Polizei arbeiten zuweilen doch einige, die ihr Hobby zum Beruf gemacht haben. Neben denjenigen (die mir wirklich Leid tun) die einen anständigen Job machen, haben sich auch dort Prügeltouristen eingeschlichen. Sie wissen schon, jene, die einem in der U-Bahn ohne Grund nach dem Ausweis Fragen, und bei Nachfrage, warum das vonnöten sei schon anfangen, die eigene Autorität heraushängen zu lassen. Letztere sind bei der freiwilligen Bereitschaft überrepräsentiert, wenn es mal wieder einen „Event“ gibt.
Den Nutzen der Prügeltouristen, Hans Meyer und Anne Müller muss ich nicht mehr gesondert darstellen.
Daraus folgt: Hauen sich die Intellektuellen + Idioten gegenseitig, haben fast alle zu gewinnen!
Außer ich, der sich den Trümmerhaufen „deutsche Demokratie“ immer besorgter anschaut und frustriert wird. Ich schätze aber, ich werde eher gehen als zum Prügeltouristen.