Informationssysteme und Aufmerksamkeit

TP: Die Aufmerksamkeitsökonomie und das Netz:

Die beginnende Ökonomie der Aufmerksamkeit unterscheidet sich tiefgreifend von jeder früheren Ökonomie. Sie setzt eine völlig andere Lebensweise als die auf Routinen begründete industrielle Existenz mit ihren Dichotomien zwischen Arbeitsstätte und Heim, Arbeit und Spiel und Produktion und Konsum voraus. Was jetzt zählt, ist die Suche nach sowie das Erhalten und Schenken von Aufmerksamkeit. Michael H. Goldhaber untersucht die Grundzüge der neuen Ökonomie, die besonders in den Netzen zum Ausdruck kommt.

Soweit zur Aufmerksamkeitsökonomie im Netz. Sucht man bei Google nach dem Begriff (was Google nicht kennt, dass existiert nicht, aber das ist eine andere Gesichte zur kreativen Erschaffung von Realität via Web), findet man knapp 83.000 Treffer. Nach einem kurzen Überblick beziehen sich die meisten der Fundstellen auf Marketing / Werbung oder auf Internettechnologien.

Wichtig ist der ökonomische Umgang mit der eigenen Aufmerksamkeit aber auch im täglichen Arbeitsleben. Aufmerksamkeit kostet vor allem eines: Zeit. Hunderte von Newslettern, Rundmails, Infoschreiben, Mitarbeiterzeitungen, Arbeitsanweisungen etc. pp. verlangen um die Aufmerksamkeit der Mitarbeiter eines Unternehmens. Nur, wie damit umgehen?

Die Mitarbeiterzeitung landet beim ausgelasteten Mitarbeiter ungelesen in der Rundablage, ebenso wie die Mails mit neuen Geschäftserfolgen oder der Bekanntmachung von Schulungsinhalten im Netz (e-Learnings). Der Restrukturierungspräsentation wird beigewohnt, weil sie einen selbst betrifft, aber schon bei der Vorstellung einer anderen Abteilung („Wir machen ja die gleichen Dinge doppelt!“) wird die Aufmerksamkeit schon geringer. Häufig wird bei solchen Zusammenkünften beschlossen, dass man sich regelmäßig trifft, um die verschiedenen Prozesse und Arbeitsschritte zu untersuchen, ob sie notwendig sind oder nicht, und um sich gegenseitig Neuerungen vorzustellen. Genauso schnell nimmt dann aber wieder die Teilnehmerzahl dieser Veranstaltungen ab und die Aufmerksamkeit, die sich auf ein gemeinsam identifiziertes Problem richtete ist dahin.

Bleibt z. B. bei einer von außen gelenkten Restrukturierung oder einem neuen Kommunikationsmodell die Aufmerksamkeit aus, werden häufig weitere Medien hinzugefügt oder eine Zielgruppenanalyse durchgeführt, um die Effektivität der Erreichung des Einzelnen zu erhöhen.

Werden im Unternehmen neue Medien etabliert oder ausprobiert (z. B. Zusammenarbeit via Mail, Netzlaufwerke ergänzt durch kollaborative Systeme wie Microsoft Sharepoint oder Lotus Notes, Wikis, Informationsseiten im Intranet) nimmt die Mitarbeiterschaft diese häufig gerne und engagiert auf. Nach der anfänglichen Euphorie (die meist darin besteht, eine eigenen Abteilungsseite mit Photos zu erstellen) lässt dieses Interesse aber schnell wieder nach; wenn nicht ein schneller und dauerhafter Nutzen entsteht, fällt das System fast in die Bedeutungslosigkeit zurück. Das „fast“ ist das Problem: beispielsweise nutzt eine Organisationseinheit dieses System plötzlich häufig und hat entschieden, Informationen nur noch darüber zu veröffentlichen. Das (eigentlich sinnvolle) Abschalten des Systems lässt sich nun nicht mehr erreichen, zumindest nur mit großem Widerstand durchsetzen.

Dies führt dazu, dass immer mehr Medien und Informationssysteme eingesetzt werden, die

  • wartungsintensiv
  • kostenintensiv
  • weitgehend homolog aber im Detail unterschiedlich

sind. Organisationen sind gut beraten, dererlei Systeme nur unter strikten Bedingungen zu implementieren, bereits implementierte Systeme periodisch auf ihre Werthaltigkeit zu evaluieren und eventuell wieder zu konsolidieren. Dies spart Aufmerksamkeit (Zeit) beim einzelen Mitarbeiter und verringert den Stress in der Informationsflut des täglichen Arbeitslebens.