So ein Tag…

heise online – Rücktritt Schäubles wegen rhetorischem Angriff auf Datenschützer gefordert:

Die bayerische Justizministerin Beate Merk räumte derweil ein, unter anderem mit der Vorratsdatenspeicherung und den von ihr geforderten heimlichen Online-Durchsuchungen die Verfassung „bis an die Grenze“ austesten zu wollen. „Wir müssen doch keinen Anstandsabstand einhalten, wie viele Gutmenschen meinen“, erklärte die CSU-Politikerin im Gespräch mit der Welt am Sonntag in Bezug auf den Grundrechtsschutz. „Für die Sicherheit der Menschen zu sorgen, ist ein klarer Auftrag unserer Verfassung. Und den nehme ich ernst.“ Das „große Wehklagen“ über den Beschluss zur verdachtsunabhängigen Aufzeichnung der Nutzerspuren kann Merk nicht verstehen, da die Bürger doch „freiwillig schon viel mehr Daten über Kundenkarten an private Unternehmen preisgeben“.

Heute scheint mal wieder Tag der Unglaublichkeiten zu sein. Frau Merk, hier mal eine Antwort:

 

  1. habe ich keine „Kundenkarten“ außer solche für berufliche Zwecke. Was mein Arbeitgeber als Profil hinterlässt, ist mir Schnuppe.
  2. würde mir Payback, selbst wenn ich eine solche hätte, nicht die Staatsanwaltschaft auf den Hals hetzen, weil ich die verkehrte Kombination von Experimentierchemie und Musik-CDs gekauft habe.
  3. Werden Sie vermutlich die Lücke aus 2. auch bald schließen wollen und Kundenkartenanbieter zur Rasterfahndung heranziehen (übertrieben? Das hätte ich vor zwei Jahren auch zu ganz anderen Dingen gesagt. Mittlerweile sind sie eingetreten!).

Weiter unten in der gleichen Meldung:

Die immer wieder direkt oder indirekt angesprochene Nahles wehrt sich dagegen auf der Plattform Abgeordnetenwatch vor allem gegen das Motto „Stasi 2.0“ von Überwachungsgegnern. „Die Vorratsdatenspeicherung mit Stasimethoden gleichzusetzen“ ist ihrem Empfinden nach „ein Schlag ins Gesicht der wirklichen Opfer der Staatssicherheit. Diese mussten um ihr Leben fürchten, wurden in Gefängnissen psychisch wie physisch gefoltert und leiden oft heute noch unter den Folgen. Das mit einem Gesetz, das auch auf Grundlage von EU Beschlüssen formuliert wurde, gleichzusetzen, ist unangebracht“.

Oh, Frau Nahles, da hat Ihr Koalitionspartner Herr Dr. Schäuble schon entsprechende Amtshilfegedanken!

Zum Thema „Gutmensch“:

Politische Machtfragen erhalten durch die Verwendung des Begriffes „Gutmensch“ eine moralisch polarisierende Form, die dazu geeignet ist, die Achtung vor dem politischen Gegner zu mindern und ihn zu diskreditieren. In der politischen Rhetorik gibt es Strategien, politische Fragen entweder auf der Sachebene oder auf einer moralischen Ebene zu verhandeln. Mit Fremdzuschreibungen des politischen Gegners durch Stigmatisierungen wie „pc“ oder „Gutmensch“ wird die Kommunikation moralisiert. Damit ist die Position des politischen Gegners diskreditiert, und er ist gezwungen, sich auf die eine oder andere Seite zu stellen, wenn er sein Ansehen nicht (weiter) verlieren will.