Leverage-Effekt

Oder: was ist eigentlich „Eigenkapitalrentabilität“?

Folgendes Beispiel: Alfred baut Spielzeugautos. Für ein Auto muss er erst einmal einen Euro ausgeben, und wird es zu einem Preis von 1,30 Euro verkaufen. Für jeden Euro, den Alfred ausgibt, wird er also 1,30 zurückbekommen, hat also 30% Gewinn. Somit hat er eine Eigenkapitalrentabilität von 30%.

Alfred kennt Benjamin, der einen Euro hat, mit dem Benjamin gerade nichts anzufangen weiß. Alfred schlägt Benjamin vor, dass Alfred den Euro bekommt und ihm 1,10 zurückzahlt. Benjamin willigt ein und gibt Alfred den Euro. Alfred baut zwei Spielzeugautos, und kann diese für 2,60 verkaufen. Er gibt Benjamin wie versprochen 1,10 zurück. Jetzt hat Alfred aber noch 1,50 Euro über und rechnet:

Vorher hatte ich 1 Euro. Jetzt habe ich 1,50 Euro. Mein Eigenkapital hat sich also mit 50% verzinst, ich habe eine Eigenkapitalrentabilität von 50%!

Wenn also Herr Ackermann mal von „25%“ Eigenkapitalrentabilität gesprochen hatte, dann meinte er eigentlich damit, dass er viele Benjamins finden will, die ihm Geld leihen, dass er wieder in sein eigenes Geschäft investiert, das mehr Geld abwerfen soll, als er Zinsen bezahlt.

Das geht solange gut, wie… machen wir es etwas komplizierter.

Benjamin hat gehört, das Alfred überall herumprahlt, wie klug er doch ist. Da Benjamin nicht dumm dastehen will, sagt er Alfred, dass er in Zukunft 40% Zinsen haben möchte. Denn Benjamin kann sich das ja leisten, immerhin macht er ja „50% Gewinn“, und andererseits ist sich Benjamin nicht sicher, ob die Spielzeugautos immernoch so gut gehen, er will sich mit den hohen Zinsen gegen den Ausfall versichern (Kreditverteuerung).

Alfred geht zähneknirschend darauf ein, weil er einen neuen Auftrag über zwei Spielzeugautos hat (Wirtschaftsboom), den er mit seinem eigenen Geld nicht so schnell erfüllen kann.

Christoph will zwei Autos kaufen. Weil er sich als „Großkunde“ sieht, verlangt er einen Rabatt: er will für zwei Autos nur 2,50 Euro zahlen (Deflation).

Alfred baut zwei Autos die für 2,50 Euro verkauft werden. Nachdem Christoph bezahlt hat, gibt er Benjamin seine 1,40. Plötzlich hat Alfred nur noch eine Eigenkapitalrentabilität von 10% (Auswirkungen auf die Realwirtschaft).

Noch komplizierter wäre es nun, wenn Alfred seinen Euro gar nicht selbst aufgebracht hätte, sondern von „Aktionären“ erhalten: die würden nämlich wegen der schlechten „Kennzahlen“ nun ihr Geld abziehen und damit Alfreds Krise verschlimmern. Benjamin würde seine Kredite nochmal verteuern (wegen des Insolvenzrisikos) und Christoph würde bei seiner nächsten Großbestellung noch mehr Abschläge oder Sicherheiten verlangen. Damit hätte Alfred sich durch seine anfängliche Prahlerei tief in die Bredouille gebracht.

Dies ist ein Aspekt der „aktuellen“ Finanzkrise, in der die Spekulation mit Kapital mehr „Rendite“ gebracht hat als die Produktion selbst, real aber eine ganze Weile nur „Kennzahlenkartenhäuser“ gebaut worden sind, die sich in der Boomphase positiv verstärkten, nun aber genauso negativ verstärken.