TP: Die militärische Abschottung Europas:
Was haben Sie an den europäischen Außengrenzen erlebt und gesehen?
Elias Bierdel: Gleich in meinem allerersten Interview mit einem Flüchtling auf der Insel Chios, einem Palästinenser aus dem Libanon, habe ich Details erfahren, die ich mir niemals hätte vorstellen können. Es ging um regelrechte Folterungen auf hoher See bis hin zur Scheinhinrichtung. Der Mann ist von der Küstenwache mit dem Kopf unter Wasser getaucht worden, man hat ihm eine Plastiktüte über den Kopf gezogen und zugehalten, bis er keine Luft mehr bekam. All das hat mich völlig niedergeschlagen in dem Augenblick. Ich brauchte ein paar Tage, um mich überhaupt wieder zu motivieren für diese Arbeit. Wir haben sie fortgesetzt, nachdem uns auf verschiedenen Inseln von Angehörigen völlig verschiedener ethnischer Gruppen ganz ähnliche Sachen berichtet wurden. Da war uns klar, dass das nicht abgesprochen ist, sondern dass wir es mit systematischen Techniken zu tun haben, die die Küstenwache anwendet, um Flüchtlinge abzuwehren. Auch daher geht die Zahl der Toten steil nach oben.